Die Magie des Neuanfangs – oder Hand auf’s Herz

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Merkwürdig. So in das Nichts hineinzuschreiben und zu wissen, dass das Geschriebene dann doch nach da draußen geht. In das Universum. Aber sagt man nicht auch, dass immer das zurück kommt, was man hinein gibt? In das Universum. Ich vertraue dem einfach mal. Einfach, weil ich gut im Vertrauen bin. Hand auf’s Herz. Wenn wir uns verändern wollen, dann müssen wir vertrauen.

So sitze ich hier und schreibe. Über die Magie des Neuanfangs.

Ich gestehe, ich liebe Neuanfänge. In meinem Leben habe ich schon zigmal neuangefangen, von vorne gestartet, auf meinen Reset-Button gedrückt und eine neue, andere Richtung von mir selbst eingeschlagen. Dafür habe ich auf mehreren Kontinenten, in mehreren Ländern gelebt; mich beruflich ins kalte Wasser geschmissen, mich von Menschen gelöst und neu gebunden. Doch, die spannende Frage ist doch: Worum geht es denn eigentlich, bei Neuanfängen? Was macht sie so besonders? Sind sie das überhaupt? Nunja - Hand auf’s Herz - jeder, der mal nach einer langen Nacht im Bett einer nicht ganz bekannten Person aufwachte und sich gut fühlt, weiß, wovon ich spreche.

Der Neuanfang als Mittel gegen Langeweile vs. Beständigkeit im Wandel

Die einen denken, es ist die Flucht vor dem Alltag, der Einöde, der Langeweile. Der Stress, der “FOMO” (fear of missing out) besonders meiner Generation Y, nichts verpassen zu wollen, nichts aufgeben zu können (weil oh Himmel, eine Entscheidung?!) und auf jeder Hochzeit mittanzen zu wollen. Wer immer überall dabei ist, erlebt ständig Neuanfänge. Das ist aufregend, irgendwie auch hip, sexy, stark, stürmisch und leidenschaftlich. Und, wollen wir nicht alle ein Leben voller Leben?

Für die anderen sind sie ein Phänomen des Unbehagens - allein der Gedanke an Veränderung und Bewegung turnt sie ab. Das sind die, die die Augen verdrehen, wenn sie nur hören, dass der Wandel beständig sei. Für sie sind Neuanfänge anstrengend, nicht erstrebenswert und so gar nicht sexy. Was okay ist, denn die Magie von Neuanfängen, die ich meine, kommt bei beiden Typen vor. Hand auf’s Herz.

Das Momentum des Neuanfangs ist ganz still und leise

Überhaupt nicht laut und schrill. Sondern unaufgeregt, irgendwie neutral, fast schon schwebend und so überhaupt nicht bewertend. Der Moment des Neuanfangs ist einfach. Mehr nicht.

Und, wenn wir es uns einmal bewusst machen, gibt es täglich solche Momente - der Tagesbeginn mit Sonne oder Regen, die Art und Weise, wie wir unseren Kaffee zubereiten, wie wir “Guten Morgen” sagen. Wie du dich entscheidest, dich um dich kümmerst, wie du Dinge angehst, wie du sprichst, dich kleidest, ob du Sport machst oder nicht. Es braucht dafür nicht das große, DEN PLAN oder DIE ENTSCHEIDUNG. Was es braucht ist es, die Offenheit und Neugierde, dorthin zu schauen. Vielleicht auch Mut.

Den Mut das Leben und insbesondere den Alltag mit seinen hunderttausend Teilchen nicht als gegeben, sondern als Anreihung eines potenziellen Möglichkeitfeldes von Neuanfängen zu begreifen. In diesem großen weiten Möglichkeitsfeld können wir täglich neubeginnen und somit eine neue, andere, unbekannte, unentdeckte Seite in uns kennenlernen. Denn das ist es, worauf es bei Neuanfängen ankommt: sich neu kennenlernen, sich neu begreifen, sich neu zu entdecken und diesem Neuen einen Raum zu geben. Ohne es direkt wieder abzuwürgen oder in die Pfanne zu hauen. Egal ob das etwas vermeintlich Kleines ist wie: “Der Regentropfen hört sich ganz magisch an” oder etwas Großes: “Heute bin ich stark und wild und wunderbar.” In jedem Moment den Neubeginn zu spüren und sich dafür oder auch dagegen entscheiden zu dürfen - was für eine wunderbar achtsame Erkenntnis. Denn weitergedacht: Wenn wir begreifen, dass wir zu jeder Tages- und Nachtzeit die Magie des Neuanfangs zu uns holen dürfen, dann schüttelt das ein bestimmtes Gefühl in uns aus.

Dieses Gefühl sprüht voller Erdung und Vertrauen. Vertrauen zu mir. Vertrauen in die Person, die ich bin. Und wenn ich mir vertraue, dann habe ich in der Hand, wie ich mit der Magie des Neuanfangs umgehe. Ich kann mich bewusst dafür entscheiden. Damit bleibe ich handlungsfähig und gestalte mein Leben. Nehme ich mir die Zeit für den Neuanfang? Habe ich sie überhaupt? Oder lieber in einem anderen Moment?

Ich fange an, die kleinen Momente und Neuanfänge zu genießen. Und je mehr ich viele kleine Dinge genieße, desto voller wird mein Genuß-Konto, desto voller wird mein Leben. Je mehr magische Momente ich sehen kann, desto schöner ist es einfach.

So simpel ist sie – die Magie des Neuanfangs. Oder? Hand auf’s Herz.

Von Herzen,

Ruth